28.08.2023

Wir werden sie jagen” (Alexander Gauland)

Anmerkungen zum Umfragehoch der AFD


Keines der ungezählten Zitate von Mitgliedern der „Alternative für Deutschland“, welche ihre ideologische Nähe zum Nationalsozialismus unterstreichen, hat mich so empört und eine tiefe Sorge über die Zukunft unseres Landes ausgelöst wie der Satz des Ehrenvorsitzenden der AFD Alexander Gauland. Gleichzeitig schafft dieser Satz unmissverständlich Klarheit über den Charakter und die Ziele der AFD und motiviert zu politischem Handeln gegen Rechts.

Vier Wörter, WIR WERDEN SIE JAGEN, gerichtet an Angela Merkel und andere politische Gegner der AFD, können kaum deutlicher ausdrücken, was uns in der Bundesrepublik Deutschland erwartet, wenn die AFD an die Schalthebel der Macht gelangen würde.

Die AFD im Umfragehoch bei bis zu 22% Zustimmung zu einer vom Verfassungsschutz unter Beobachtung gestellten Partei, ein erster direkt gewählter Landrat und ein Bürgermeister der AFD beschreiben die Herausforderung für unsere Demokratie. Ja, Panikmache wäre jetzt übertrieben, aber Gelassenheit entspräche einer unverantwortlichen Verharmlosung. Erinnern wir uns, als die AFD in den Bundestag zog, hieß es, damit können wir umgehen, bei 10% klang es ähnlich und jetzt bei über 20%...? In auffällig vielen Leserbriefen wird darauf hingewiesen, dies sei nunmal Demokratie und eine mögliche Zusammenarbeit mit der AFD Ausdruck derselben. Ungarn, Österreich, Polen, Finnland, Schweden und vor allem Italien machen deutlich, wohin die Reise bei Sorglosigkeit geht. Und im Europaparlament bereitet gerade Herr Weber von der CSU den Schulterschluss zwischen konservativen und rechten Parteien ganz offen vor. Von wegen Brandmauer.

Beteiligung an der Macht führt nicht zur Entzauberung. Dies zeigen die vielen aktuellen Beispiele in Europa. Aber auch ein Blick in die Geschichte lohnt sich. Natürlich sind historische Vergleiche immer schwierig, aber lehrreich. Stichwort zum Nachlesen: Die Regierungsübernahme Adolf Hitlers mit demokratischen Mitteln und der konservative Franz von Papen.

Warum ist die AFD so gefährlich?

Die AFD will ein anderes Deutschland: völkisch, autoritär, antieuropäisch, oder anders ausgedrückt ein Land der Isolation, Ausgrenzung, Spaltung und Diskriminierung. Sie ist arbeitnehmerfeindlich (gegen Mindestlöhne, Gewerkschaften), als Investorenschreck wirtschaftsfeindlich (Ablehnung ausländischer Fachkräfte), minderheitenfeindlich (so ziemlich gegen alle...), europafeindlich (höchstens als Festung nationalistisch gesinnter Staaten) und die Haltung gegenüber Frauen spiegelt sich auch in einer sehr geringen Frauenquote in Stadt- und Gemeinderäten, Landesparlamenten und im Bundestag. Die AFD verhöhnt unsere Demokratie und ihre Werte. Sie gibt keine Antworten auf die Herausforderungen der Zeit, im Gegenteil leugnet sie deren Existenz (menschengemachter Klimawandel). Selbstredend ist die Putinfreundlichkeit der AFD und ihre Weigerung, die Ukraine zu unterstützen. Wir wollen in der Bundesrepublik keine Partei, die einen größenwahnsinnigen Agressor und Mörder hofiert.

Die AFD ist absolut keine Alternative für Deutschland, sondern eine ernste Gefahr für unsere Demokratie!

Warum wollen dann so viele Menschen AFD wählen?

Die Antworten auf diese Frage sind vielfältig, unterschiedlich gewichtet und im politischen Raum natürlich parteipolitisch bestimmt. Einigkeit besteht weitgehend in der Feststellung, dass es die eine Erklärung nicht gibt, sondern ein Bündel von Ursachen zu dieser Entwicklung geführt hat. Ohne eine Gewichtung vorzunehmen, werden in den zahlreichen aktuellen Untersuchungen deutscher Institute folgende Gründe für den Rechtsruck analysiert:

Ängste vor krisenbedingten Veränderungen der persönlichen Lebenssituation (Digitale Transformation, Klimaschutzmassnahmen, Inflation, Ukrainekrieg, Migration, Pandemien)

handwerklich und kommunikativ unzureichendes Regierungshandeln (Heizungsgesetz)

fehlende politische Alternativen auf Seiten der Opposition (programmatische Leere der Konservativen)

grundsätzliches Misstrauen gegenüber der Politik (ca. 20% der Bevölkerung sind nicht mehr erreichbar)

Komplexität der Probleme und möglicher Lösungen treibt Wähler in die Hände der Vereinfacher (Zustimmung zu Problemverweigerern, Wählerangst vor der Wahrheit)

geringe Parteienbindung in den AFD-Hochburgen der Neuen Bundesländer

Zustimmung zur AFD als Ausdruck des Protestes (Kritik an aktuellem Handeln, Enttäuschung, Ohnmachtsgefühle und Absturzängste)

Die AFD-Sympatisanten kommen im wesentlichen aus der Gruppe der Nichtwähler. Etwa ein Drittel bis zur Hälfte der AFD-Anhänger haben ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild. Sie sind kaum mehr erreichbar. Der andere Teil sieht sich als Protestwähler und kann möglicherweise zurückgewonnen werden.

Was tun?

So vielfältig die Ursachen für den AFD-Hype sind, muss auch an unterschiedlichen Stellschrauben bezüglich der Gegenstrategien gedreht werden. Grundsätzlich gilt es vor allem, die Sorgen, Nöte und Ängste der Menschen ernst zu nehmen, die damit verbundenen Themen lösungsorientiert aufzugreifen und umzusetzen. Dabei müssen auch ggf. unangenehme Entscheidungen getroffen werden, die aber erst verständlich erklärt und für deren Akzeptanz geworben werden muss. Das Beispiel des Heizungsgesetzes zeigt, wie man es nicht machen soll.

Was den Umgang mit der AFD angeht, bedeutet jede Form der Kooperation eine Aufwertung und damit Stärkung der AFD, ist also ein Tabu. Augenhöhe mit den Feinden der Demokratie darf es nicht geben. Dies gilt auch für inhaltliche Annäherungen, die wie ein Bumerang auf diejenigen zurück kommen, die glauben, die AFD damit überflüssig zu machen. Hierzu gehört auch der Verzicht auf Übernahme des AFD-Wordings, ihrer Begriffe und Schlagwörter.

Begleitend zu der eigenen inhaltlich besseren und verständlicheren Politik muss intensiv die Konzeptionslosigkeit der sogenannten Alternative, ihrer fehlenden oder mangelhaften Ideen und ihre erschreckend umfassende Inkompetenz entlarvt werden. Es wäre sehr hilfreich, wenn dieser Aspekt auch medial öfter betont und die AFD in den Medien stärker bei konkreten Sachfragen gestellt würde.

Nicht zuletzt kommt es, als Präventionsmaßnahme zum Erhalt und der Entwicklung unserer Demokratie, darauf an, auf allen gesellschaftlichen Ebenen Demokratie zu lernen, zu fördern und weiter zu entwickeln und generell mehr in Bildung zu investieren. Das sich die AFD permanent für die Abschaffung der Programme zur Demokratieförderung einsetzt, spricht Bände. Noch deutlicher kann sie ihre Haltung zu unserer Verfassung und unseren Werten nicht ausdrücken.

Spätestens seit dem kürzlich durchgeführten Europa-Parteitag der AFD muss allen klar sein, dass es keine Form der Verharmlosung der AFD mehr geben darf. Höcke und sein völkischer Flügel haben sich endgültig durchgesetzt, die Rede von moderaten Kräften in der AFD hat mit der Realität nichts zu tun. Es regieren dort die Rechtsextremen, die Neonazis. Die Einstufung der AFD als rechtsextremistischer Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz hat eine unrühmliche Bestätigung erfahren.

Jetzt tragen wir alle, egal an welcher Stelle, noch mehr Verantwortung für den Erhalt unserer Demokratie. Veranwortung tragen aber auch jene, die beabsichtigen, aus Gründen des Protestes die AFD zu wählen. An sie geht der Appell, ihren Protest in andere Bahnen zu lenken, aber nicht die Demokratie zu gefährden.


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